Berlin

Fossile Sucht

Ausstellung, Dialoge, Performances, Werkstattgespräch
10. Januar – 6. März 2020
Group Global 3000, Leuschnerdamm 19, Berlin (Kreuzberg)

Maria Korporal nimmt mit ihrem neuen Video Good Trip, Bad Trip teil.

„Good Trip, Bad Trip“ – Standbild aus dem Video © Maria Korporal

Über die Ausstellung:

Die Ausbeutung fossiler Energie hat uns den Traum vom Fliegen ermöglicht, die freie Fahrt für freie Bürger, den Konsumwahn, die Plastikflut, die bequeme warme Wohnung. Unser Gebrauch von Erdöl, Heizöl, Erdgas kann auch als Drogenproblem gesehen werden.
Wir verwenden staatlich organisiert die fossile Droge mit allen Nebenwirkungen wie CO2-Ausstoß und Abhängigkeiten. Diese nicht stoffliche Droge loszulassen, bewirkt Entzugserscheinungen mit all ihren irrationalen Erscheinungen. Man braucht sich nur in den Leserkommentaren die Diskussion um Tempo 30 in der Stadt oder 130 auf der Autobahn anzusehen. Eine Einsicht in die Suchtkrankheit fehlt. Rationale Argumentation weicht suchtartiger Uneinsichtigkeit.

Wie sehen Künstler die fossile Sucht und deren Therapie? Woran erkennt man die Sucht? Wo tritt sie auf? Wie könnte eine Entzugstherapie für Bürger und Staat aus sehen? Wie sehen Bilder der Fossilen Sucht und ihrer Therapie aus?

Teilnehmende Künstler: Tom Albrecht, Jörn Birkholz, Stephan Groß, Marina Camargo, Björn Fischer/Elisabeth-Marie Leistikow/Richard Millig/Maren Schwier, Sabine Janz, Maria Korporal, Merav Leibkuechler, Steph Marx, Christoph Medicus, Jasmin Odendahl, Katja Struif

Programm:

Vernissage 10.1.2020, 19 Uhr. Performance “Schlammschlacht” von Sabine Janz

Künstlergespräch 24.1.2020, 19 Uhr, : Künstler der Ausstellung stellen den Gästen ihre Werke vor.

Zweiter Workshop 7.2., 19 Uhr: Wie können Künstler/innen ihren ökologischen Fußabdruck verringern? Thema ist ihre Alltagspraxis, die Wahl ihrer Materialien, ihr Reisen und Transport. Moderation Tom Albrecht (In deutsch)

Werkstattgespräch Fr. 31.1., 19 Uhr mit dem Suchtmediziner
Prof. Dr. med. Tom Bschor, Chefarzt der Schlossparkklinik und
Prof. Dr. Hermann E. Ott, ClientEarth – Anwälte der Erde, ehem. Klimaforscher am Wuppertal Institut:
“Woran erkenen wir die Sucht nach der Fossilen Energie bei Bürger und Staat? Besteht eine Einsicht in die Sucht-Krankheit? Wie könnte eine Entzugstherapie für Bürger und Staat aus sehen?
Die beiden Fachleute in erörtern Antworten und Lösungen in einem öffentlichen Gespräch. Moderiert von Tom Albrecht

Finissage 6.3.2020, 19 Uhr. Performance: “Paradise now: Die Letzte macht das Licht aus” mit Björn Fischer / Elisabeth-Marie Leistikow / Richard Millig / Maren Schwier.
60 Min., Bühne, Stühle stehen bereit.

Ort:

Group Global 3000 g.e.V., GG3 Leuschnerdamm 19 D 10999 Berlin (Kreuzberg) www.gg3.eu
Public transport: Tube: U8 Moritzplatz, U1 Kottbussertor, Bus: M29 Oranienplatz, 147 Michaelkirchplatz
Google Maps 

Rekall Ubik @Berlin

Rekall Ubik @Berlin ist eine 2018 Fortsetzung der in 2016 angefangenen interaktiven Arbeit Rekall. Das Werk ist inspiriert von einer Erzählung von Philip K. Dick, worin Menschen die gerne reisen möchten, doch wegen verschiedenen Umständen das nicht ausführen können, die Dienste von REKALL Inc. in Anspruch nehmen. REKALL verspricht seinen Kunden, künstliche Erinnerungen einzupflanzen, die nicht von echten zu unterscheiden sind. Obwohl der Kunde vorher darüber informiert wird, dass das „Erlebte“ nicht real ist, sollen die „Erinnerungen“ dieselben Emotionen wie echte Erlebnisse auslösen.
Das Werk benachdruckt die Absurdität des Massentourismus, die Oberflächigkeit des Kurzurlaubs in der Ferne, die manchmal als einzige Ziel scheinen zu haben, ein tastbares Beweis zu bekommen “daß man da gewesen ist” – während das Ökosystem zerstört wird und die ursprüngliche Kultur verloren geht.
Der Roboter “Rekall” ist ein kleiner wind-up Spielzeug-Roboter. Während der erste „Rekall“ auf einem kleinen Globus lief und die Besucher ein Land aus einer Liste aller Länder der Welt auswählen ließ, ist „Rekall Ubik“ ein Stadtreisender, der ständig in den Straßen unterwegs ist. Die Besucher können jederzeit auf eine Schaltfläche in der rechten Ecke des Bildschirms klicken: “click here to rekall a memory” – „Klicken Sie hier, um eine Erinnerung abzurufen“. Rekall wird aufhören und der Besucher wird sein eigenes Gesicht in der Mitte der Straße finden. Wie in der vorherigen Version wird eine virtuelle Postkarte an das System gesendet. Alle gespeicherten Postkarten werden vom Künstler gedruckt und im THE REKALL BOOK gesammelt, das während der Ausstellungen des Werkes oder im Atelier des Künstlers zu sehen ist.

„Rekall Ubik @Berlin“ ist die erste Stadtreise von Rekall in den Straßen von Berlin. Die Arbeit ist anlässlich der Ausstellung POSUN V ČASE im Mai 2018 in Prag ausgestellt worden. Während des Aufenthalts in der tschechischen Hauptstadt hat sich Rekall für seine nächste Städtereise „Rekall Golem @Praha“ inspirieren lassen, welche in April 2019 in Berlin ausgestellt wird.

Acht Teasers von sieben Sekunden

Good Trip, Bad Trip

Es ist ein aufregendes Erlebnis, mit dem Auto durch die beleuchteten Straßen Berlins zu fahren und dabei Rockmusik auf voller Lautstärke zu hören. Es wirkt wie eine Art von Trance. In meinem Video wird die Fahrt zum Rausch eines Drogenabhängigen. Die Stadtszenen sind am Anfang gut zu erkennen, verwandeln sich aber langsam in abstrakte Bilder: Zuerst bunt und kaleidoskopisch ekstatisch (good trip), dann aber langsam grausam und bedrohlich, wie ein schlimmer Ölteppich auf der Oberfläche des Ozeans, und die Musik wird verzerrt und unangenehm (bad trip).
Autofahren, Lichter der Stadt – die Zivilisation der heutigen Welt basiert auf einer tiefen Sucht ermöglicht durch fossile Brennstoffe. Die globalen Umwelt- und Klimaprobleme im Zusammenhang mit dem Kraftstoffverbrauch sind bekannt und unbestreitbar: Die Zukunft der Erde ist in Gefahr. Wir sollten uns von unserer fossilen Sucht befreien, wenn wir nicht in einen ewigen “bad trip” gleiten wollen.

Der Roboter Red Rekall, der am Anfang und am Ende des Videos erscheint, ist eine Schlüsselfigur in meinem Rekall Projekt, in dem kleine wind-up Spielzeugroboter Menschen um die Welt führen und künstliche Reiseerinnerungen schaffen. Rekall erschafft Erfahrungen, in denen man eintaucht, aber gleichzeitig beobachtet er uns – an diesem Punkt könnte man die Absurdität unserer Existenz erkennen.

Screenings:
• 30. September – 4. Oktober 2020: Over the Real – Festival Internazionale di Videoarte, Lucca.
• 10. Januar –  6. März 2020: in Endlosschleife auf der Ausstellung Fossile Sucht, Group Global 3000, Berlin.

Titel: Good Trip, Bad Trip
Technik: Experimentelles Video und Animation
Länge: 4’25“
Jahr: 2019
Sound Design: von Maria Korporal mit einem CC0 Track von Loyalty Freak Music